Die Gespenstschrecke
(Extatosoma tiaratum)

 Weibchen

Skurril und unwirklich mutet uns die Körpergestalt der Gespenstschrecke an. Eine ganze Insektenordnung verdankt ihren Namen der bizarren Gestalt ihrer
Mitglieder. Gemeint sind die subtropischen bis tropischen Gespenstschrecken (Phasmiden). Diese Pflanzenfresser sind nicht mit unseren Heuschrecken
verwandt. Auch die Stabschrecke gehört dieser Insektenordnung an.

Heimat und Lebensraum

Die Gespenstschrecke ist in Waldgebieten Ostaustraliens (Queensland, New South Wales) und in Neuguinea heimisch. Die Insekten leben in immergrünen Eukalyptuswäldern mit hohen Niederschlagsmengen und frostfreiem Klima und ernären sich von deren Blättern. Die Gespenstschrecke ist weit verbreitet, aber nirgendwo häufig.

Körpermerkmale

Beine und Rumpf der Gespenstschrecken sind stachelig und flügelartig verbreitert. Die bizarre Körperform dient zur Tarnung und Warnung anderer Tiere. Das Weibchen ähnelt einem bestacheltem Blatt, das Männchen sieht einem stacheligen Zweig ähnlich (Phytomimese). Männchen und Weibchen lassen sich folgendermaßen unterscheiden:
Das Männchen ist ausgewachsen 8-10cm lang, dünn und stabförmig. Sein Kopf ist klein und die Fühler lang. Es kann langsam, aber ausdauernd fliegen. Es wiegt ca. 2,2g.
Das Weibchen wird 10-12cm lang. Sein Körper ist dick und walzenförmig. Der Hinterleibsdurchmesser beträgt ca. 2cm. Sein Kopf ist größer als der des Männchens und die Fühler sind kürzer. Das Weibchen kann nicht fliegen. Es ist ca. 18g schwerer als das Männchen.
Die Fußglieder tragen Krallen und Haftballen, die mittels eines Sekrets eine große Adhäsionskräfte entfalten. Sie können mittels diesen Sekrets an Glasscheiben hochklettern.


Verhalten

Gespenstschrecken eignen sich gut für Verhaltensstudien. So lassen sich das Tarnverhalten, Abwehrreaktionen, Fluchtreaktionen, Haft- und Klammerreflexe, der Totstellreflex und das Paarungsverhalten beobachten. Gespenstschrecken besitzen die interessante Fähigkeit, bei großer Gefahr ein Bein abzuwerfen (Autotomie). Zwischen zwei Beingliedern ist zu diesem Zweck eine Bruchstelle vorgebildet.

Entwicklung

Gespenstschrecken können sich zweigeschlechtlich oder eingeschlechtlich (parthenogenetisch) fortpflanzen (Jungfernzeugung). Bei der bei Phasmiden häufigen Jungfernzeugung entwickeln sich Nymphen aus unbefruchteten Eiern. Die Nachkommen sind dann mit der Mutter genetisch indentisch. Die Weibchen lassen die Eier, die hartschaligen Pflanzensamen ähneln, einfach zu Boden fallen. Die Embryonalentwicklung dauert je nach Luftfeuchtigkeit und Temperatur 3 - 7 Monate. Die ausgeschlüpften Larven sind ameisenähnlich (Ameisenmimikry). In 4 - 5 Häutungsschritten wächst die Larve zum ausgewachsenen Tier (Imago) heran. Da in der Entwicklung ein Puppenstadium nicht auftritt, ist die Metamorphose unvollkommen (Hemimetabolie). Bei der Zweigeschlechtlichen Vermehrung gehen ungefähr genauso viele Männchen wie Weibchenhervor.

Haltung und Pflege

Gespenstschrecken werden bei leicht erhöhter Zimmertemperatur (20 - 25°C) in Terrarien gehalten. Das Terrarium sollte dreimal höher sein als das Tier lang ist, da die Tiere platz für die Häutungen brauchen. Zur Entwicklung der Eier ist mehr Wärme erforderlich (25 - 30°C). Sie werden gesondert gehalten. Als Bodengrund eignet sich Einstreu oder Holzspäne. Da Einstreu leicht schimmeln kann, sind Holzspäne vorzuziehen. Die Terrarienwände müssen mehrmals täglich befeuchtet werden. Besonders die Erstlarven trocknen leicht aus. Die Gespenstschrecke ist kein Nahrungsspezialist. Sie wird mit Brombeer-, Himbeer-, Johannisbeer-, Rosen-, Eichen-, Buchen-, Rotdorn-, Weißdorn- oder Eucalyptusblättern gefüttert. Die Zweige werden in wassergefüllte Gläser gestellt, so dass sich die Tiere an die Zweige hängen und fressen können. Die Zweige werden so in die Gläser gestellt, dass kein Tier hinein gelangen und ertrinken kann. Es sollten nicht zuviele Tiere in einem Terrarium gehalten werden, da sonst Probleme bei der Häutung auftreten können. Um den natürlichen Tag-Nacht-Rhytmus herzustellen sollte man eine leichte Beleuchtung einsetzen. Die tägliche Beleuchtungsdauer sollte ca. 10 - 12 Stunden betragen.

Quelle: Die Gespenstschrecke , Extatosoma tiaratum (Schulbiologiezentrum Biedenkopf, 1995)